Demonstratoren

Anhand von zwei ausgewählten Demonstrationsvorhaben sollten die wissenschaftlichen Ergebnisse der Mobilitätsuntersuchungen zur Alltags- und Erlebnisfreizeit praktisch umgesetzt werden. Dabei wurde das Ziel verfolgt, Interventionen zur Beeinflussung der Freizeitmobilität zu entwickeln, erfolgreich zu implementieren und in ihrer Wirksamkeit zu evaluieren. Es handelte sich um zwei Projekte, die sich in der Erschließungsweite des bereitzustellenden Verkehrsangebotes und in der räumlichen Dimension der Freizeitangebote unterscheiden:

  • Demonstrator "Cospudener See im Südraum von Leipzig": großräumigeres stadtnahes Zielgebiet für den Alltagsfreizeitverkehr (www.cospuden.de)
  • Demonstrator "Landesgartenschau Ostfildern 2002": Zielgebiet, welches sowohl der Alltagsfreizeit als auch der Erlebnisfreizeit zuzurechnen ist.

Die beiden Demonstrationsvorhaben werden im folgenden kurz skizziert, und es wird ihre spezifische Eignung für das Projekt verdeutlicht.

Cospudener See

Der Südraum Leipzig ist gekennzeichnet durch massive Eingriffe in Landschaft, Siedlungsraum und Verkehrsstrukturen aufgrund des Braunkohleabbaus. Die ausgekohlten und aufgelassenen Tagebaue sollen nun umgestaltet werden und dann als Badeseen dienen, um eine stadtnahe Erholung zu ermöglichen. Ein Beispiel hierfür ist der Braunkohletagebau Cospuden. Er wurde seit mehreren Jahren zum Badesee entwickelt und ist als EXPO-Projekt ausgewiesen.

Gegenwärtige Projekte zur Verkehrsanbindung dieses Zielgebietes für Freizeitaktivitäten befassen sich mit der inneren Erschließung für den Pkw-Verkehr und mit Angeboten für den Fahrradverkehr. Die Voraussetzungen für eine Abwicklung des Freizeitverkehrs mit dem ÖPNV sind im vorliegenden Fall günstig, da der Südraum regional von mehreren Bahnstrecken erschlossen wird. Im Nahbereich dienen eine weitere Bahnstrecke sowie zwei Straßenbahnlinien und mehrere Buslinien der Erschließung. Eine unmittelbare ÖPNV-Anbindung bestand für den Cospudener See bislang allerdings nicht.

Um den entstehenden Freizeitverkehr umweltverträglich abzuwickeln, ist die Erarbeitung eines integrierten ÖPNV-Konzepts erforderlich, das auf der Basis der spezifischen Ansprüche der Erholungssuchenden abgestimmte Maßnahmen hinsichtlich Angebot, Tarif und Fahrgastinformation beinhaltet. Mit Hilfe der Identifikation zugrundeliegender Emotionen, Motive und Kognitionen wurden weitere Möglichkeiten der Beeinflussung der Freizeitmobilität erkundet und umgesetzt.

Vor dem Hintergrund des hier verfolgten Gestaltungsansatzes ging es konkret um die Ableitung von Handlungsstrategien für die Anbindung zukünftig entstehender Freizeitbereiche sowie um übertragbare Ansätze zur Erschließung weiterer Gebiete im Umland von Ballungszentren wie Leipzig.

Landesgartenschau Ostfildern 2002

Als zweiter Demonstrator wurde die Landesgartenschau in Ostfildern ausgewählt, die vom 26. April bis zum 6. Oktober 2002 stattfand. Landesgartenschauen werden in Baden-Württemberg bereits seit 1980 veranstaltet, die Veranstaltung in Ostfildern stellte mittlerweile die 19. Landesgartenschau dar. Veranstaltungsort war der neu entstehende Stadtteil Scharnhauser Park, der im Endausbau auf einer Fläche von 140 ha rund 9.000 Einwohner und rund 2.500 Arbeitsplätze aufnehmen soll. Er liegt im Zentrum der vier Teilorte von Ostfildern und stellt eines der bedeutendsten Städtebauprojekte in der Region Stuttgart dar. Das Entwicklungskonzept geht auf die Umnutzung eines ehemaligen Kasernenareals zurück.

Das Konzept der Landesgartenschau griff mit dem Leitthema "Traumfelder" die ländliche Umgebung der Filder auf und setzte es in einem kleinteiligen Ausstellungskonzept um. Neben den Gartenanlagen sind Ausstellungshallen, Veranstaltungsflächen sowie Spiel- und Erlebnisflächen vorgesehen. Ein Teil des Landesgartenschaugeländes von insgesamt 20 ha wird später mit Wohngebäuden überbaut, ein anderer Teil bleibt als Grünzone erhalten Die Landesgartenschau sollte somit einen "Motor" zur Entwicklung der Grünzonen des Stadtteils Scharnhauser Park darstellen.

Zur Landesgartenschau wurden rund eine Million Besucher erwartet, zum größten Teil Tagesausflügler, die dem Bereich der Erlebnisfreizeit zuzurechnen sind, aber auch Dauerkarteninhaber, für die die Landesgartenschau ein wohnortnahes Erholungsziel darstellt. Diese Besucher wären dem Bereich der Alltagsfreizeit zuzurechnen.

Lageplan LGS Ostfildern 2002
Lageplan Landesgartenschau Ostfildern 2002
Detailplan LGS Ostfildern
Detailplan Landesgartenschau Ostfildern

Ausgehend vom Ziel einer möglichst umweltfreundlichen Abwicklung des Besucherverkehrs wurden verschiedene Maßnahmen konzipiert und über Werbemittel und Internet kommuniziert. Hauptbeteiligte waren die Betreibergesellschaft der Landesgartenschau, das Stadtplanungsamt und die Straßenverkehrsbehörde Ostfildern, die Stuttgarter Straßenbahnen AG sowie der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart.

Nach den Zielvorstellungen der Veranstalter sollte ein möglichst großer Teil des Anreiseverkehrs über öffentliche Verkehrsmittel abgewickelt werden. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür war eine gute Erreichbarkeit des Standorts. Diese Bedingung war mit der Erschließung durch die Stadtbahnlinie U7 gegeben, die Ostfildern seit September 2000 direkt mit Stuttgart verbindet, die betreffende Haltestelle lag unmittelbar am Gartenschaugelände.

Um die An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fördern, wurden die Tages-Eintrittskarten ausschließlich in Form eines Kombitickets angeboten, d. h. die Anreise mit Verkehrsmitteln des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart war im Eintrittspreis für die Landesgartenschau enthalten. Der Verkauf bzw. Vorverkauf der Tageskarten wurde nutzerfreundlich über die zahlreichen Toto- und Lottoannahmestellen im Tarifgebiet des Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart organisiert.

Für Besucher, die mit dem Pkw kamen, sowie für Reisebusse wurde ein Lenkungskonzept erarbeitet, das eine direkte Führung vom Autobahnnetz und vom Bundesstraßennetz auf die Besucherparkplätze vorsah. Das Parkierungskonzept sah insgesamt 1.400 Pkw Parkstände und 40 - 50 Parkstände für Busse unmittelbar am Gartenschaugelände vor. Die Parkplätze wurden bewirtschaftet. Als weitere verkehrliche Maßnahme war die Integration des Standorts in das öffentliche Radwegenetz vorgesehen.

Daneben waren die im Rahmen einer solchen Veranstaltung üblichen Marketingmaßnahmen geplant: Werbung in gedruckten Medien (Zeitungen/Zeitschriften), Verteilung von Flyern, Werbung in Rundfunk und Fernsehen sowie ein Internetauftritt.

Als weitere Maßnahme war beispielsweise die Förderung der Anreise aus größerer Entfernung mit der Bahn (Fern- bzw. Regionalbahn-Anreise mit Umstieg in die Stadtbahn, Ausgabe von Kombitickets) angedacht. In diesem Zusammenhang waren Anreiseinformation, Fahrplaninformation und Werbemaßnahmen zu konzipieren.

Über die beschriebenen Maßnahmen zur Besucherlenkung hinaus wurden von den ALERT-Projektpartnern Direktmarketingmaßnahmen konzipiert, durchgeführt und evaluiert. Dabei wurde in einem räumlich begrenzten Gebiet (ein Stadtteil in Stuttgart) ein direkter Kontakt zu potentiellen Besuchern der Landesgartenschau aufgebaut. Diese wurden mit Informationen bezüglich Eintrittspreisen, Öffnungszeiten, Veranstaltungsangebot sowie mit Informationen zur bestmöglichen Anreise mit dem öffentlichen Verkehr versorgt. Es war zu untersuchen, mit welchen Maßnahmen die Besucherzahl der Veranstaltung erhöht werden konnte und ob sich dabei Lenkungseffekte im Hinblick auf die Verkehrsmittelwahl erzielen ließen. Mit unterschiedlich intensiven Marketingvarianten sollten auch Aussagen zu Erfolgsaussichten in Abhängigkeit vom finanziellen und personellen Mitteleinsatz erarbeitet werden.

Lage der LGS Ostfildern
Großräumige Lage Landesgartenschau Ostfildern